Wolfgang Herrndorf ist tot
Als Amy Whinehouse starb, schrieb Wolfgang Herrndorf nur ihren Namen in den Tagebuchartigen Blog. Der Unbekannte, dessen großen Roman ich nicht so mochte und dessen kleineren ich nicht gelesen, sondern als Theaterstück gesehen habe, ist mir Leser über seinen Blog in den letzten Jahren, während seiner Krankheit, etwas nähergekommen. Eine editierte Bekanntschaft, könnte man sagen, denn der Blog war von Anfang an als Werk gedacht und ist heute, nach seinem Tod in der letzten Nacht, auch sofort aus dem Netz genommen.
Schon vor ein paar Tagen war einer der letzten Einträge eine Notiz über Absprachen mit Rowohlt über die Verwertung dieses Blogs. Darin hat Herrndorf mit frappierender Offenheit über seine Krankheit gesprochen, von der ihm immer klar war, dass sie ein langes Sterben ist. „Ein großer Spaß, dieses Sterben. Nur das Warten nervt.“ Mit medizinischem Interesse beobachtete er den Fortschritt seiner Verunfähigung, mit schmerzlichem Humor ist er immer wieder Sieger geblieben. Mit zäher Kraft blieb ihm das Schreiben nach seinem endlichen Durchbruch vor seiner Krankheit ein wichtiger Halt, und als auch das nicht mehr ging, hat er sich seinen Todeszeitpunkt nicht von seinem Körper diktieren lassen. Der andere Halt waren ihm die Freunde. Seine Grabinschrift sollte – so überlegte (oder plante?) er – der Nachwelt solche Freunde wünschen, wie er sie in dieser extrem schweren Zeit an seiner Seite gehabt hat. Alle wirklich oder scheinbar mitfühlenden Fremden hat er während der Zeit von sich gewiesen. So bleibt mir, dem fremden Leser, nur zu sagen, dass ich gern noch mehr von ihm gelesen hätte. Vielleicht kommt ja noch was.
26.08.13 Wolfgang Herrndorf.
http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=8440&catid=126
http://www.rowohlt.de/sixcms/detail.php?template=rr_detail_news&id=3107508
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