Spreeblick
Im Europasaal 4900 im Paul-Löbe-Haus sind die Ränge voll. Frau Hamann antwortet sachlich und verständlich. Dennoch große Erinnerungsfelder abgebrannt. Als sie zunehmend in die Zange genommen wird angesichts ihrer Versäumnisse im Licht ihrer Zuständigkeit, entlastet Binninger sie mit einer Relativierung ihrer Alarmpflicht gegenüber dem BMI. Damit ist diese Zeugin an sich irrelevant. Noch größerer Öffentlichkeitandrang bei Schily. Hier wurde Erinnerung scheinbar überhaupt nicht erst angelegt, sondern folgt der jeweiligen Eindeutigkeit der Aktenlage. Zuständig waren allein die Behörden. Auffällig der recht zahme Umgang Edathys mit Schily im Vergleich mit seinem Ton gegenüber anderen Zeugen. Gibt es parteiliche Rücksichten? Wieso halten sich Linke und Grüne/Bündnis 90 derart zurück bei diesem Leib- und Magenthema? Überhaupt ist zuständig für Versäumnis und Verhinderung jeweils immer der andere gewesen, oder die anderen. Die mangelnde Ermittlungsintensität kocht sich auch herunter auf eine ideologische Kontinuität der Kriminalbeamten in den Bundesländern, die DDR waren, wo es Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus ja sowieso überhaupt nie gegeben hat. Dort wurden die Flüchtigen aus Jena Ende der Neunziger nicht ernstgenommen, sondern ihre Relevanz heruntergespielt. Wichtiger waren Behördenrivalitäten von Land zu Land, von Land zu Bund, und auch von Bundes- zu Bundesbehörde (BKA vs. VS). In Köln 2004 dann ist das Geschehen von einer bisher ungeklärten Stelle ganz deutlich sehr unmittelbar nach der Tat als AO (allgemeine/organisierte) Kriminalität eingestuft worden und damit – obwohl viele zuerst terroristische, extremistische, rassistische Motive vermutet hatten – wurden die Ermittlungen in entschieden falsche Richtung gelenkt worden.
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