Worte in die Erde
In Stijn Devilles großartigem Stück HITLER IST TOT zeichnet der Autor ein sprachlich wie auch figürlich dichtes Bild der Nürnberger Prozesse und ihrer Angeklagten, offenbar eng orientiert am NÜRNBERGER TAGEBUCH des Psychologen Gustave Gilbert. Die Opfer des Regimes kommen in diesen Täterportraits logisch fast nicht vor. Darin (Übersetzung: Uwe Dethier) stehen die wunderbaren Zeilen
In meine Großeltern begruben ihre Messer und Gabeln in der Erde um sie zu reinigen wenn sie verunreinigt waren
wir werden viele Worte der Nazis einige Zeit in den Boden stecken müssen
Zufällig zeitgleich lese ich ICH TRUG DEN GELBEN STERN von Inge Deutschkron, ein überraschend packendes Buch mit ebenfalls überraschenden Details. Hier wiederum kommen die Naziführer nicht vor, sondern fast ausschließlcih die Berliner Bevölkerung. Deutschkron betont, wie viele Menschen Juden und politischen Feinden der Nazis geholfen und sie versteckt haben, als die Gesetze gegen sie immer radikaler und die Möglichkeiten weniger wurden. (2008 war sie an der Gründung der Gedenkstätte Stille Helden in der Rosenthaler Straße 39 beteiligt.) Mit dem Trick, sich als Flüchtlinge aus dem von der Roten Armee eroberten Osten auszugeben und als solche neu in Berlin einzureisen, bekommen die Autorin und ihre Mutter z. B. eine neue, von Verfolgung geschützte Identität und sogar offizielle Unterstützung, als sie vom Görlitzer Bahnhof aus gleich hier in der Glogauer Straße in einem in der Glogauer Straße in einer Schule eingerichteten Flüchtlingsheim unterkommen.
Zusammen ergeben die beiden Werke wieder ein vollständigeres Bild dieser Zeit. Hier in Berlin, direkt vor der Haustür.
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