Logbuch 1.4: INFINITE JEST
Logbuch INFINITE JEST S. 373: Beim legendären Konzert in Helsinki 1988 ließ Frank Zappa George Duke – wie schon 1974 bei A TOKEN TO HIS EXTREME – mit den „finger cymbals“ in – also mit den Fingerbecken (so ganz winzige Beckchen, die mit Gummischlaufen über die Finger gezogen und angeschlagen werden, woraufhin sie ein entsprechend winziges Geräusch von sich geben) – ein Solo (!) spielen, das sich gen Ende hin zu etwas steigerte, was FZ „orgasmic frenzy“ nannte, so orgasmisch nämlich, dass sich besagter Fingerzymbelspieler jedes Mal verletzte („Hurt yourself again, George“ – „Ouch“).
In I. J., nach diesem „Kapitel“ über „Boston AA“, also Alcoholics Anonymous (wir lesen ja immerhin auch oder vor allem einen Roman über Sucht), zeichnet sich wiederholt ein Muster im Aufbau ab. Wallace wählt für ein bestimmtes, im Vorfeld vielleicht schon eher beiläufig erwähntes Thema eine vertiefende Situation. Er berichtet diese aus Sicht einer seiner Figuren (hier: ein AA-Treffen mit Don Gately), die er ggf. bei dieser Gelegenheit auch genauer einführt. Diese Ausführungen sind lang, in einer anderen als meditativen Leseverfassung mitunter langweilig, kulminieren aber auf den letzten zwei Seiten regelmäßig zu dem, was Frank Zappa als „orgasmic frenzy“ bezeichnete, mit geradezu stürmischem, absurden Humor, der mich jedesmal versöhnt und laut auflachen lässt. So auch das ganze, anfangs öde, Kapitel über Eschaton, jenes auf vier Tennisplätzen gespielte Spiel der Akademiekids zum jährlichen Interdependence Day. Dabei sind die Tennisplätze die gesamte politische Weltkarte, eine Unmenge von alten Tennisbällen stellen Nuklearwaffen dar.
Ein anderes stilistisches Instrument ist das Gegenschneiden von Sicht-des-Autors und Sicht-der-Figur. Das verwendet Wallace sehr häufig, ein probates Mittel, um die Dynamik zu erhöhen, wenn in immer rascherem Tempo zwischen immer kürzer geschilderten Perspektiven gewechselt wird.
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