Permeance – eine Residenz auf dem tschechischen Lande
Die Arbeit mit der slowakischen Choreografin Alica Minar geht weiter. Nachdem wir im letzten Jahr einen Testballon gestartet und die Arbeit mit Text und Tanz in ihrer Produktion EXPLOSION in ersten Schritten erkundet hatten, konnten wir uns gegenseitig des Willens zur Fortsetzung der Zusammenarbeit vergewissern.
In Alicas neuem Projekt PERMEANCE haben wir uns weitergehende Ziele gesetzt. Das Projekt ist eine Koproduktion des slowakischen Vereins Alica Minar & coll. c.s. und raum4-netzwerk für künstlerische alltagsbewältigung e. v. aus Leipzig und Berlin. Die internationale Zusammenarbeit erstreckt sich nicht nur auf die Finanzierung und die Besetzung der drei Tänzerinnen, sondern wird sich auch in der künstlerischen Form niederschlagen. Das Stichwort ist hier Mehrsprachigkeit. Das ist besonders spannend, da dieses Thema für mich in diesem Jahr ohnehin auf den Fahnen steht (siehe Drama Panorama). Zusammen mit Katarína Bakošová von Alica Minar & coll. werde ich Texte schreiben. Wie schon in EXPLOSION wird auch das Ensemble Texte oder Anlässe für Texte schaffen. Schon das ist spannend, da das Englisch, das wir zur Verständigung verwenden, kein sicheres Pflaster ist. Das gilt auch für die Proben, die jüngst mit einer zweiwöchigen Residenz im tschechischen Komařice begannen.
Nicht alle Tänzerinnen sprechen Tschechisch oder Slowakisch, dafür z. B. Spanisch. Insgesamt sind in der Produktion mit Tschechisch, Slowakisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch sechs Sprachen vertreten. Mein Ehrgeiz ist es, diese auch auf der Bühne erlebbar zu machen. Ich sage erlebbar, da nicht unbedingt alle hörbar sein müssen. Ohnehin stellt sich die Frage, in welchen Formen die Texte rezipierbar sein werden. Wir möchten und müssen mit unterschiedlichen Formen experimentieren: Neben dem jeweils im Moment gesprochenen Text kann es auch eingespielte Aufnahmen geben, damit haben wir bereits in EXPLOSION gearbeitet. Diese können, anders als die Live-Stimmen, verfremdet und bearbeitet werden. Dann kann Text natürlich auch lesbar sein, z. B. in Form von Projektionen – oder wieso nicht auch im Druck an das Publikum ausgegeben werden?
Wieso mehrsprachig? Für mehrsprachige Produktionen sind diese ammbitionierten Translationsleistungen immer aufwändig und kostspielig. Aber zunächst bildet die Mehrsprachigkeit auf der Bühne ganz praktisch unsere Produktionsrealität ab. Sie ermöglicht den Darstellenden einen persönlicheren, unmittelbareren Ausdruck in ihren jeweiligen ersten Sprachen. Darüber hinaus lässt sich der künstlerische Produktionswert steigern, indem mehrere Sprachen die ästhetische Vielfalt immens erhöhen. Sie steigern die Wahrnehmung und Wertschätzung von Anderem und machen neugierig auf etwas, das man noch nicht kennt.
Choreographie: Alica Minar
Dramaturgie: Lenka Vořechovská
Tänzerinnen: Johana Šilarová, Lenka Vořechovská, Nica Storey aka Fifi Fantôme
Text: Katarína Bakošová, Henning Bochert
Termine
04.+05.09.2021 | 18 Uhr Garten des Studio Alta / Westflügel des Invalidovna, Prag, Tschechien
07.+08.09.2021 | 18 Uhr Uferstudios, Berlin, Deutschland
Weitere Informationen hier.
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